Literarische Reise durch die Ukraine
Im Herbst 2021 erschien Michael Zellers Erzählung „Die Kastanien von Charkiw“. Als wir das Werk des in Schlesien geborenen Wuppertaler Schriftstellers in den Händen hielten, fiel uns auf, wie wenig wir noch vor einigen Wochen über die zweitgrößte Stadt der Ukraine mit ihren 1,5 Millionen Einwohner*innen und über 40 Universitäten und Hochschulen wussten. Wir beschlossen damals, eine literarische Reise durch die Ukraine zu machen, mit Michael Zeller als „Reiseleiter“. Er hatte das Land, das sich selbst als Grenzland bezeichnet, seit 1994 mehrfach bereist und 2019 ein Literaturstipendium des ukrainischen PEN-Clubs gewonnen, viel Zeit in Charkiw verbracht und dabei auch die damals bereits umkämpften Gebiete im Osten besucht. Er flanierte über die Boulevards, saß unter Kastanienbäumen oder auf dem Platz des 23. August, unweit der gigantischen Statue eines Rotarmisten.
Kulturelemente #164 stellt dieses Land, seine Menschen und deren Kultur, vermittelt durch literarische Berichte ukrainischer Autor*innen, in den Mittelpunkt der Recherche. Zeller, der gerade mit dem Georg-Dehio-Buchpreis 2022 ausgezeichnet wurde, hat Texte von Juri Andruchowytsch, Andrej Kurkow, Wasyl Stus, Hryhorij Tschubaj und Serhij Zhadan zusammengetragen, Lyrik und Prosa, um so ein literarisches Bild der Ukraine, mit all ihren Schönheiten und ihren Verwerfungen zu zeichnen.
Zusätzlich zur Textauswahl von Michael Zeller steuert Milena Vasilieva einen erschütternden Bericht aus dem belagerten Süden der Ukraine bei. Die Mathematik-Professorin lebte zum Zeitpunkt der Erstellung ihres Berichts noch in Mykolajiw, konnte jedoch Anfang Mai mit ihrer Familie nach Odessa fliehen. Yuliya Say berichtet von der ukrainischen Kunstszene und Hannes Egger hat sich bei der Eröffnung der Biennale von Venedig zum Thema Ukraine umgesehen.
Als Fotostrecke haben wir uns entschieden, schwarze Rechtecke zu zeigen, um unser Bedauern über den Krieg in der Ukraine auszudrücken.
Haimo Perkmann / Hannes Egger