#184: Welcome to the border(less)

Eine Osmiza (slowenisch osmica) ist ein Buschenschank im Karst. Verkauft werden lokale Produkte wie Wein und Schinken. Die Osmiza, zu der ich gelotst wurde, war sehr einfach eingerichtet, Biertische mit Plastiktischdecken darauf, der Wein kam vom Fass. Vorher wurde ich zum Sammeln von wildem Spargel mit Meerblick mitgenommen.
Der Anlass des Ausflugs war GO!2025. Das slowenische Nova Gorica hat den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt 2025 erhalten und zusammen mit der italienischen Stadt Gorizia ein vielfältiges Programm unter dem Slogan „Welcome to the borderless“ entworfen. Eine gute Gelegenheit, sich mit der Gegend zu beschäftigen und vor Ort Menschen aus verschiedensten Zusammen- hängen zu treffen, die unter anderem zum Entstehen dieses Heftes beigetragen haben.

Herausragend ist die Kirche St. Michael in Lokev (Corgnale), einem kleinen Dorf im slowenischen Karst, wenige Kilometer von der Grenze bei Basovizza entfernt. Zwischen 1942 und 1943 malte Tone Kralj die Kirche aus und schuf Ungeheuerliches: Mitten im Krieg und während der Faschistischen Besatzung malte er großformatig Gabriele D’Annunzio, wie er als grün-weiß-rot gekleideter Teufel dem Sämann Christus folgt und Unkraut verstreut. Klar zu erkennen ist auch das Jüngste Gericht: zur Rechten Christi das Volk, zu seiner Linken vier Herrschaften, die um ihr Seelenheil fürchten und Geschenke anbieten: Benito Mussolini mit einem Geldsack, der Nationalsozialismus mit einem Schwert in der Hand, die japanische Diktatur trägt einen Panzer unter dem Arm und dahinter, ganz in Rot, der Kommunismus.

Hannes Egger

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