#129: Die (Un)Ordnung der Welt

In der Antike wurde die Ordnung als gegeben, im Mittelalter und der Frühen Neuzeit als von Gott geschaffen begriffen. Erst im Zuge der Aufklärung rückt der Mensch nach und wird zum Wahrer der Ordnung. Die schweren, dunklen Bände der Enzyklo­pädie mit den in Gold gefassten Buchstaben des Alphabets wa­ren im 20. Jahrhundert Symbole der Werte und Vorstellungen in den bürgerlichen Wohnzimmern. Heute sind es die unendlichen Text- und Bildmengen auf den weltweit verteilten Server-Far­men zum Auffinden und Abrufen. Diese digital-reale Weltord­nung ist äußerst instabil: Die so­zialen Konflikte von arm und reich, die ökologischen Konflik­te und sozio-politischen Zerreißproben, Hunger, Massenwande­rungen, Terror usw. lassen uns immer häufiger von Krise und Ausnahmezustand sprechen. Doch der permanente Ausnah­mezustand verdrängt das de­mokratische Verständnis durch immer höhere Ansprüche an die Justiz, und der Rechtsstaat er­setzt sukzessive die spontane Solidarität im tradierten Gemein­wesen. Ist es möglich, Ordnung in das Chaos zu bringen, ist dies überhaupt notwendig?

„Wo aber die Gefahr ist, wächst das Rettende auch!“, meint Höl­derlin. Können wir wirklich auf diese romantische Vorstellung vertrauen und uns in der ichver­lorenen Ergründung unserer Seelenzustände verlieren? Ist das konfliktreiche Aufeinander­treffen unterschiedlicher Milieus und Lebensstile nicht vielmehr eine Bedingung für Kultur, Lite­ratur und Kunst?

Eine Konstante im Südtiroler Kulturbetrieb ist seit 70 Jahren der Südtiroler Künstlerbund, in Zusammenarbeit mit dessen Dokumentationsstelle für Neue­re Südtiroler Literatur ist die vorliegende Kulturelemente ent­standen. Sie präsentiert – ne­ben philosophischen, bibliothe­karischen und kulturwissen­schaftlichen Ansätzen zum Ord­nungs–Unordnungsdiskurs – das digitalisierte Literaturarchiv Südtirol, mithin einen Abriss über die Literatur der letzten 70 Jahre in Südtirol, neue Gedich­te, Interviews und Rezensionen.

Hannes Egger / Haimo Perkmann

 

kulturelemente_129

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