Im Jahr 501 nach Morus’ Utopia nähert sich die Doppelnummer der Kulturelemente 133/134 auf zwei verschiedenen Pfaden dem Thema Utopie; in Teil 1 auf dem gepflasterten, historisch-analytischen und im zweiten Teil auf literarischem Wege.
Teil 1 befasst sich mit Geschichte, Wesen und Zukunft der Utopie. Welchen Weg nahm der von Morus zusammengesetzte griechische Begriff? War es eine selbsterfüllende Prophezeiung? Was wird aus Utopien, die sich erfüllen? Man denke an Morus’ Zeit, an den Bauernkrieg 1525, die Memminger Bauernartikel und die Tiroler Landesordnung von Gaismair, die nicht zufällig eine zentrale Stellung in dieser Ausgabe einnehmen. Und was ist mit religiösen Utopien? Gibt es Utopien für Auserwählte? Und welche Rolle spielen innerhalb der Entwicklung von Utopien pragmatische und technische Entwicklungen? Oder auch das Klima?
Teil 2 nähert sich den Möglichkeiten von Utopie in unserer Gegenwart. Auf literarische Weise. Basierend auf den Ergebnissen der Summer School Südtirol 2016 für dramatisches und essayistisches Schreiben zum Thema „Unsere Utopien“ auf Schloss Veldthurns. Ist es nicht Aufgabe der Literatur, die Welt mit ihrem eigenen poetischen Ausdruck zu interpretieren und auf diese Weise literarisch in das Geschehen zu intervenieren?
Die hier abgedruckten Texte der Autor_innen der Summer School fordern uns als Leser_innen heraus, holen uns in eine Gegenwärtigkeit, die konkret und persönlich, dann aber doch wieder vor allem politisch ist. Fragen stellen sich (uns in den Weg): „Fällt uns wirklich nichts Besseres ein als die Abwehr, und das üble Gerede über die anderen? Haben wir nichts eigenes? Nichts anderes als die Verteidigung unserer Rentenversicherung?“ (Obexer) und von der anderen Seite her: Definiert sich Europa heute gerade ex negativo durch sein „Nicht-Balkan- Sein“? Oder müssten wir nicht vielmehr in utopischer Manier „mehr Balkan wagen“, wie Adnan Softic vorschlägt.
Haimo Perkmann