Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Kulturelemente wagt einen Blick in das Grenzgebiet Nonsberg/Val di Non. Der Lyriker Oswald Egger hat mit seinen literarischen Streifzügen zwischen Gewässer, Geäst und Gestein den Talnamen 2017 in sämtliche deutschsprachige Feuilletons gebracht. “Fein und doch mit so viel Gespür fürs Grobe. Poesie, die den Kern will und nicht nur den Saum.” wie Timo Brandt in seinen Überlegungen zu Eggers Werk festhält.
Häufiger noch als um die reich bebilderte lyrische Prosa von Egger dreht es sich, zumindest im Oberen Nonstal, um ein anderes Buch. 1974 erschien Die unsichtbare Grenze (engl. Originaltitel: The Hidden Frontier). Darin untersuchten in die beiden Anthropologen John W. Cole und Eric R. Wolf in Tret und St. Felix das Leben an der Sprachgrenze.
Doch wie sieht es heute aus? Wie ist es mit den Crucchi und den Nonès, den Walschen und Todèschi? Wer aus der Gegend um Gampen- und Mendelpass kennt sie nicht, die Geschichten von den Raufereien am Nonsberg? Und von den gemeinsamen Festen? Seit alter Zeit fahren viele von St. Felix nach Castelfondo oder Fondo zur „coscrizione“ oder zum Nikolaus Umzug, während die Leute aus Fondo zum Osterball nach St. Felix kommen oder mit ihrer „Madonna“ zum Wallfahrtsort Unsere liebe Frau im Walde pilgern; ganz zu schweigen von den vielen gemeinsamen Hochzeiten.
Kulturelemente 137 spürt diesem faszinierenden Bergtal nach, folgt Straßen und Wegen, sieht und betrachtet die Landschaft, überquert mehrfach die Sprachgrenze in beide Richtungen. Immer wieder kommen dabei Künstler und Kulturinitiativen zu Wort, die sich in den letzten Jahren mit der Gegend beschäftigt haben. Ihre Standpunkte, Visionen und Projekte – wie das Migrationsmuseum zwischen Tret und St. Felix mit seinen hohen Aussichtstürmen – verwandeln den einsamen Nonsberg in ein unvermutetes Tal der Kultur.
Hannes Egger / Haimo Perkmann
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