Sich selbst töten aus Angst vor dem Tod? Was wie ein Paradox klingt und auch eines ist, kommt doch immer wieder vor. Die Aporie der Ausweglosigkeit des eigenen Schicksals, die Sterblichkeit, die zugleich auch immer wieder als sinnstiftendes Attribut für unser da-dein apostrophiert wurde, wird vermieden, indem man das Ende vorzieht und sich gleich tötet. Dies könnte auch als Beweis dafür herangezogen werden, dass keine Angst schlimmer ist als die Angst vor der eigenen Angst.
In Bezug auf die Angst scheinen die meisten Probleme bei ihrer Lösung zu entstehen. Am 11. Oktober 2017 führt Achim Peters auf dem Weltkongress für Psychiatrie vor Augen, was heute vorwiegend Stress und Angst verursacht: Es ist die Unsicherheit, welche Strategie man wählen soll, um das eigene Wohlbefinden zu wahren. Bereits 400 Jahre zuvor bemerkte Michel de Montaigne mit spitzer Zunge, dass er eine nie zuvor gekannte Höllenangst litt, als er in einer Kutsche, auf einer Truhe voller Geld sitzend, durch den Wald fuhr – während er doch in jungen Jahren, hoch zu Ross und ohne einen Heller in der Tasche, kein bisschen Angst verspürte. Damals konnte er weder ausgeraubt werden, da er nichts bei sich hatte, noch Angst davor haben seinen Wohlstand zu verlieren, da er nichts besaß. Mit all diesen Aporien der Angst befassen sich Kulturelemente 136.
Haimo Perkmann / Hannes Egger
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